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Künstler: Napalm death Album: Smear campaign Erscheinungsjahr: 2006 Anspieltipp: Sink fast, let go Autor: Markus Die Tatsache, dass Napalm death Outputs seit geraumer Zeit neben ultraderber Tonkunst auch ansprechende lyrische Ergüsse bereithalten, ist schon lange ein offenes Geheimnis. Auch wenn der geneigte Zuhörer die Vocals von Frontsau Barney Greenway in den seltensten Fällen verstehen kann, so untermauert der Blick ins Booklet doch immer wieder mit Nachdruck die eingangs bemühte These. Bereits der Titel der neuesten Veröffentlichung „Smear campaign“ weist darauf hin, dass Napalm death ihren mittlerweile fast zwanzig Jahre andauernden Feldzug gegen gesellschaftliche Missstände und vermeintliche Moralisten fortsetzen. Auf ihrem nunmehr vierzehnten Album äußert die britische Grindcore/Death Metal Institution Kritik an Religionen jeglicher Fasson und prangert tradierte Glaubensvorstellungen an, indem die Formation die Jahrtausende alte Geschichte menschlicher Unterdrückung durch religiös geprägte Moralvorstellungen aufarbeitet. Musikalisch gibt es auf „Smear campaign“ weitgehend Napalm death typische Kost zu hören. Im Gegensatz zum vor knapp eineinhalb Jahren unters Volk gebrachten Meisterwerk „The code is red... long live the code“ verzichtet man dieses mal größtenteils auf Experimente und kreiert ein äußerst düster daherkommendes Album, dass auf Grund seiner eher old school lastigen Ausrichtung vor allem langjährige Anhänger der englischen Dinosaurier in Verzückung geraten lassen sollte. Waren auf dem direkten Vorgänger mit Jamey Jasta, Jeff Walker und Jello Biaffra noch gleich drei illustre Gäste an der Fertigstellung des Langeisens beteiligt, so holte man sich heuer „nur“ The gathering Sängerin Anneke van Giersbergen ins Studio, die mit ihrer zauberhaften und äußerst variablen Stimme das zu Beginn des neuen Longplayers ertönende Bombastintro „Weltschmerz“, sowie Song Nummer sieben „In defense“ veredeln durfte. Besonders letztgenannter Komposition können die hier nahezu bedrohlich daherkommenden Vocals des weiblichen Sangeswunders eine interessante zusätzliche Facette verleihen, bilden sie doch einen wirklich ansprechenden Kontrast zu Barneys gewohnt kompromisslosem Gegrunze. Sieht man allerdings „Smear campaign“ in seiner Gesamtheit, fällt die Gesangsperformance Anneke van Giersbergens natürlich kaum ins Gewicht. Neben wahnwitzigen Hochgeschwindigkeitsgeschossen wie dem famosen, auf das einleitende Instrumental folgenden Track „Sink fast, let go“ gibt es auch eher im Midtempo aus den Boxen kriechende Stücke („Fatalist“, „Smear campaign“) zu hören. Auch etwas melodischer arrangierte Nummern wie der groovelastige Ohrwurm „When all is said and done“, die auch aus der bandeigenen Schaffensphase Mitte der Neunziger hätten stammen können, fehlen keinesfalls in der sechzehn Nummern umfassenden Songsammlung. Somit bieten Napalm death auf ihrer neuesten Langrille einen hochklassigen Überblick über alle Trademarks, die die Band seit Beginn ihrer Karriere auszeichnen. Weil das Tempo gekonnt variiert wird, kommt es während des Konsums der gut dreiviertelstündigen Langrille niemals zu Ermüdungserscheinungen beim Zuhörer. Auch die Sangesleistung des mittlerweile etwas in die Jahre gekommenen Shouters Barney Greenway verdient sich ein dickes Extralob. Selbiger keift, brüllt und schreit nämlich immer noch Furcht einflößender als die allermeisten Jungspunde und dürfte unliebsame Nachbarn nach wie vor mit Leichtigkeit in die Flucht schlagen. Aufgrund der Tatsache, dass nach der äußerst kurzen Wartezeit von nur siebzehn Monaten bereits wieder ein neues Napalm death Album in den Plattenregalen steht, ist es daher auch zu verschmerzen, dass das bahnbrechend hohe Niveau des alles überragenden Vorgängers „The code is red... long live the code“ (natürlich) nicht ganz gehalten werden konnte. Das dieser Einschätzung zugrunde liegende weitestgehende Aussparen von Überraschungen ist allerdings das einzige Haar, das ich in der Suppe finden konnte. Ansonsten ist „Smear campaign“ das erwartete Killeralbum geworden. Napalm death bleiben also auch anno 2006 das Nonplusultra in der Schnittmenge zwischen Grindcore und Death Metal. P.S.: Das Erscheinen des neuesten Napalm death Longplayers wurde im Übrigen von einer traurigen Begebenheit überschattet. Am 27.08.2006 verstarb mit Jesse Pintado ein langjähriges Bandmitglied der Formation aus bislang ungeklärten Gründen. Bereits kurze Zeit später ließ die Kapelle auf ihrer Homepage verlauten, man zeige sich angesichts des plötzlichen Todes ihres langjährigen Gitarristen geschockt und betrübt. Jesse Pintado war von 1989 bis 2004 Mitglied von Napalm Death, ehe er danach wieder zu seiner ursprünglichen Formation Terrorizer zurückkehrte. Mit Pintado spielte die Band unter anderem die Klassiker "Harmony corruption" und "Utopia banished" ein.
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